Ein Hoch auf die Azoren
10.06.17
So, der Urlaub ist 'rum, wie immer viel zu schnell. Ziel war dieses Mal eine Inselgruppe mitten im rauen Atlantik, die Azoren. Die Wein- und Wanderreise führte uns auf sechs der neun Inseln: Sao Miguel, Flores, Corvo sowie das "Triangulo" Sao Jorge, Faial und Pico.
Der Archipel ist definitiv eine Reise wert, auch wenn das Wetter seinem Ruf nicht ganz gerecht wurde. Das Wetter dort soll so wechselhaft sein, dass die Insulaner von "vier Jahreszeiten an einem Tag" sprechen. Zu der Zeit, als Deutschland bei 30 Grad schwitzte, hatten wir allerdings nur eine Jahreszeit: Herbst. Das einzige, was sich bei mäßigen Temperaturen abwechselte, waren Regen und Nebel. Doch zum Glück gab es auch schöne Tage, z. B. auf Pico. Und bei der Besteigung des gleichnamigen Gipfels (dem höchsten der Azoren und Portugals) lachte sogar die Sonne.
Die Inseln haben landschaftlich viel zu bieten: Steilküsten, Vulkankrater, heiße Quellen. Nicht umsonst werden die Azoren auch das Hawaii Europas genannt. Doch würde im Hintergrund nicht der Atlantik tosen, könnte man sich angesichts des saftigen Grüns und der friedlich grasenden Kühe manchmal ans Allgäu erinnert fühlen.
Überhaupt begegnen einem hier Kühe auf Schritt und Tritt. Kein Wunder, gibt es auf einigen Inseln doch drei Mal so viele Kühe wie Menschen. Das Milchvieh tummelt sich auch gern auf den schmalen Wanderpfaden, was bei den Wanderkollegen mit roten Regenjacken mitunter für mulmige Gefühle sorgte.
Etwas flau im Magen kann es einem auch werden, wenn man mit einem der kleinen Boote zum whale watching aufbricht. Delfine und bis zu 24 verschiedene Walarten soll man in den azorischen Gewässern beobachten können, darunter das größte Tier auf Erden, den majestätischen Blauwal.
Mein Lieblingstier ist allerdings der Gelbschnabel-Sturmtaucher, obwohl ich ihn nicht zu Gesicht bekommen habe, da der Vogel sich tagsüber meist auf dem Meer aufhält. Vor allem in den Morgen- und Abendstunden konnte man seine charakteristischen wehklagenden Rufe aber gut hören. Unsere Reiseleiterin Nina konnte die jammernden "Aua Aua"-Laute in unnachahmlicher Weise imitieren. Leider ließ sie sich nicht zu einem kurzen Video überreden - wäre ein YouTube-Hit geworden.
Neben schönen Wanderungen, die immer wieder tolle Ausblicke boten, kam natürlich auch der kulinarische Genuss nicht zu kurz. Zu den landestypischen Spezialitäten zählen Cozido, ein deftiger Eintopf, der in der Hitze des vulkanischen Bodens gegart wird, und Bacalhau, gesalzener und in der Sonne getrockneter Kabeljau. Dazu schmeckten die auf den Inseln gekelterten Weine, z. B. der Azores Wine Company oder der CVIP.
Beide Kellereien haben wir auf Pico besucht und vor Ort die Vielfalt der azorischen Weine kennen gelernt. Sehr faszinierend waren die Currais, die Weingärten, in denen die Reben, von Mäuerchen aus losem Lavagestein vor Wind und Gischt geschützt, kultiviert werden. Auch der Besuch des kleinen, feinen Weinmuseums in Madalena, der "Weinhauptstadt" der Azoren, hat sich gelohnt.
Ein Kuriosum auf den Azoren ist der "verbotene Wein". Der Vinho de Cheiro, auch Duftwein (oder weniger euphemistisch Stinkwein) genannt, hat einen strengen Geruch und ebensolchen Geschmack. Er wird aus amerikanischen Hybridsorten gemacht, die Mitte des 19. Jahrhunderts ins Land geholt wurden, um der Reblauskatastrophe Herr zu werden. Er ist billig zu bekommen und wird deshalb auch als "Wein des kleinen Mannes" bezeichnet. Da der Wein nicht den Bestimmungen der EU entspricht, darf er dort nicht eingeführt werden.
Mehr Infos zum Weinbau auf den Azoren findet Ihr auch in meinem Beitrag im Vinoa Weinmagazin. Übrigens: Mal abgesehen vom Vinho de Cheiro, haben auf den Azoren nicht nur die Weine gut geschmeckt, sondern auch die einheimischen Biersorten.
In diesem Sinne: Auf die AZORENHOCH die Tassen!